Dank für die Einladung. Meine Kommentare zu der Studie mache ich aus zwei Perspektiven
oder aus zwei Interessen. Einmal bin ich interessiert, daran zu fragen, wie weit jetzt diese Studie
eben auch Ausdruck eines bestimmten Kontextes von Religionsunterricht ist. Also ein bestimmter
konfessionelles Set-Ur-Dix. Und ich kommentiere auch aus der Perspektive kontextueller Umbrüche
im Ruhrgebiet und thematisier das jetzt aber nicht einzunahmend. Ich will nur klar machen,
was mein besonderer Blick auf die Situation jetzt in Bayern ist. Dass diese Studie notwendig ist,
weil es ja gegenwärtig auch eine große Kluft gibt zwischen einerseits programmatischen Erklärung und
kräglichen Resolutionen und der Situation des Religionsunterrichts an den Schulen,
dürfte für uns alle selbstverständlich sein. Ich glaube, das wird deswegen halt auch eine
fundierte empirische Forschung zum Religionsunterricht brauchen, die eben dann einen Beitrag leisten kann
dazu, dass wir auch realitätsnah empirisch geerdet über zukünftige Gestalten des Religionsunterrichts
oder eben jetzt im Falle des balbischen Kontextes über die Weiterentwicklung des konfessionellen
Religionsunterrichts reden können. Bei der hier zu kommentierenden Studie ist dies ein Blick auf die
methodische Anlage und die damit erzielte Aussagekraft, wie ich meine, gegeben. Hinzu kommt eben,
dass mit der Befragung von Lehrerinnen eine Personengruppe untersucht wird, die in doppelter
Weise eine Schlüsselbedeutung hat für die Aufklärung über Bedingungen des Religionsunterrichts.
Sie sind ja Akteure im sozialen Feld des Religionsunterrichts und sie reflektieren
als solche dann auch die Bedingungen dieses Feldes. Also die Einstellungen der Lehrkräfte zeigen zugleich
oder geben Hinweise auf die Bedingungen, die Praxis des Feldes im Sinne eines, ich sage jetzt
mit Pierre Bourdieu, im Sinne eines Opus operatum, also einer geprägten Situation. Und zugleich
lassen sich über die in den Einstellungen der Lehrkräfte zutage tretenen Dispositionen auch
handlungsweise identifizieren, die das Feld im Sinne eines modus operandi beeinflussen und letztlich
auch verändern können. Vereinfacht gesagt, die aufschließende Bedeutung einer Religionslehrerstufe
liegt darin, dass sie sowohl Aussagen über die Situation des Religionsunterrichts als auch über
ihre möglichen Veränderungsdynamiken zulässt. Das klingt jetzt zunächst ein bisschen umständlich,
hat aber meines Erachtens eine wichtige hermeneutisch-analytische Bedeutung für die Frage,
inwieweit der zurzeit ja auch vielbeschworene Kontext oder Kontext oder Faktor eine Rolle für
den Religionsunterricht spielt. So wie Lehrer in ihrem religionspädagogischen Handeln auf
gegebene Konstellationen, zum Beispiel Zusammensetzung von Lerngruppen und eben auch Rahmenbedingungen,
Lehrpläne und Organisationsformen des Religionsunterrichts im Sinne dieses
Opus operatum reagieren, sind auch die Einstellungen von Lehrkräften immer zugleich Ausdruck eines
bestimmten Kontextes. Im Falle dieser Studie eben auch Ausdruck des bayerischen kontextuellen
settings-konfessionell getrennten Religionsunterrichts. Und ich füge hinzu, im Falle jetzt auch des
evangelischen Religionsunterrichts in Bayern, wenn ich das richtig verstanden habe, ja auch mit einem
nicht so vernachlässigen Spezifikum, dass es eben der Religionsunterricht einer bedeutenden
religiösen Minderheit ist. Einerseits, andererseits ist das Verhältnis zwischen Religionsunterricht
und Kontext eben auch alles andere als statisch. Das sehen wir an den laufenden Debatten über
konfessionell-kooperativen Religionsunterricht und die Möglichkeiten interreligiöser Kooperation.
Das bedeutet, das Verhältnis zwischen Religionsunterricht und Kontext ist also nicht
nur eine fest etablierte, strukturierte Struktur und auch nicht nur als solche zu analysieren,
sondern es ist eben auch im Sinne des genannten modus operandi als eine strukturierende Struktur zu
betrachten. Das bedeutet, in den Handlungsperspektiven, den Handlungsdispositionen, den Einstellungen der
Lehrkräfte kreuzen sich gewissermaßen das Verhältnis oder die Effekte des Verhältnisses zwischen
opus operatum, dem Feld und modus operandi. Deswegen sind auch für die Analyse von Religionsunterricht
im Kontext Lehrkräfte Schlüsselakteure. Die Analyse der Sichtweisen von Lehrerinnen auf den
Religionsunterricht, den sie vorfinden und den sie aber auch zugleich gestalten, erlaubt damit
eben auch Aufschluss über die Stabilität oder Veränderungsdynamik des Religionsunterrichts in
einem spezifischen Kontext. Das ist der theoretische Hintergrund, mit dem ich dann versuche einige
ausgewählte Ergebnisse hervorzuheben und jetzt auch in bewusster, bewusster Pointierung auch zu
kommentieren. Zunächst mein genereller Eindruck. Sollte es in Bayern, und ich diskutiere jetzt nicht
Presenters
Prof. Dr. Thorsten Knauth
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:29:04 Min
Aufnahmedatum
2018-06-08
Hochgeladen am
2018-10-01 15:24:11
Sprache
de-DE